Aufbau der Übungspraxis (sādhana) von śivaśakti haṭha yoga

Jede Yogastunde folgt einem ganzheitlichen Prinzip, das Gegensätze nicht trennt, sondern miteinander in Beziehung setzt: Aktivität und Ruhe, Innen und Außen, Leere und Fülle, Anspannung und Entspannung dürfen sich begegnen, durchdringen und in eine neue Balance finden.

In diesem Erfahrungsraum entfalten sich Herz und Geist in ihrer Präsenz – achtsam, lebendig und verbunden.

Wie ist der Unterricht bei yoga privé aufgebaut?

1. Teil: mudrā (Siegel, Geste)

Zu Beginn jeder Stunde öffnet sich ein Raum der Besinnung für ein bewusstes Ankommen.

Eine kleine Auszeit lädt dazu ein, Körper, Geist und Atem achtsam zu beobachten. Die Gedanken dürfen sich zurückziehen – wie Wellen, die sich sanft vom Ufer lösen – und schenken erholsame Momente des Entschleunigens und Zentrierens.

Im Ausrichten auf das Hier und Jetzt darf der Alltag in den Hintergrund treten. Die innere Vorbereitung auf die Yogapraxis beginnt – getragen von Präsenz, Ruhe und Offenheit.

2. Teil: pūjā (Ritual)

Im Anschluss öffnet sich ein Raum für meditative Einkehr. Eine Einladung, der inneren Haltung zu begegnen, mit der das Leben berührt wird.

Der Geist richtet sich aus, empfängt ein zentrales Thema und verwebt es mit der Praxis, sodass neben der körperlichen Ebene auch die geistigen Qualitäten in Bewegung kommen dürfen.

Die Inspiration hierfür entspringt den teils jahrtausendealten Schriften der Yogaphilosophie – einem reichen Quell innerer Weisheit.

3. Teil: oṃ (Laut, Klang)

Das gemeinsame Tönen des Klangs OM ist eine Verbeugung vor der Tiefe des Yoga, eine Würdigung seiner ursprünglichen Wurzeln und ein einstimmender Auftakt für die Praxis.

OM öffnet den Raum für Begegnung und Verbundenheit. Es lädt dazu ein, Teil eines gemeinsamen Übens zu werden, getragen von Achtsamkeit und gegenseitiger Wertschätzung.

Gleichzeitig entsteht ein Raum, in dem jeder ermutigt ist, sich gemäß den eigenen Möglichkeiten zu entfalten.

4. Teil: saṃkalpa (Vorsatz)

Ein Moment der Besinnung öffnet den Raum für einen positiven Vorsatz sowie eine innere Ausrichtung, die die Yogapraxis trägt.

Die Erinnerung daran, die Übungen bewusst zu gestalten und den Geist immer wieder zum Spüren und Fühlen einzuladen, schenkt den Handlungen Tiefe und Bedeutung.

Daraus entsteht die Möglichkeit, sich selbst neu zu erfahren – und Inspiration für einen liebevollen, achtsamen Umgang mit dem eigenen Sein zu finden.

5. Teil: kriyā (Bewegung)

Die Übungspraxis beginnt nun mit Sequenzen, die den Körper auf lebendige Weise in Aktion bringen – getragen vom bewussten Zusammenspiel von Atem und Bewegung.

Federnde, schwungvolle Impulse erwärmen die Muskulatur, beleben das Gewebe und schenken Elastizität, Durchlässigkeit und nährende Vitalität. Gelenke werden mobilisiert und stabilisiert, der gesamte Körper aktiviert – achtsam, kraftvoll und präsent. Die Bewegungen dürfen fordernd und zentrierend, leicht und verspielt, lebendig und genussvoll sein. Sie sind Ausdruck einer Praxis, die Vielfalt und Tiefe verbindet.

Dabei verfeinert sich die Körperwahrnehmung, Koordination und Motorik schulen sich, und ein zentriertes, lebendiges Körpergefühl darf entstehen. Es ist die Grundlage für innere Ausrichtung und bewusste Präsenz.

6. Teil: āsana (Körperstellung)

Im Zentrum der Stunde begegnet uns der Hauptaspekt der Praxis, der den Körper in einer feingliedrig ausgerichteten Haltung zur Ruhe kommen lässt.

Die Polaritäten von śiva und śakti verschmelzen mit dem Wahrnehmen von Stabilität und Leichtigkeit, von Anspannung und Entspannung, von Innen und Außen.

Jede Übungsstunde ist einem neuen Thema gewidmet und wird von einer zentralen Körperstellung getragen. Das kann etwa eine Vorbeuge, Rückbeuge, Drehung, Umkehrhaltung oder Standhaltung sein. Alternativ liegt der Fokus auf einem bestimmten Bereich wie dem Schulter-Nacken-Raum – je nachdem, was die Praxis in diesem Moment braucht.

7. Teil: hathena (Atemvertiefung)

Nach der Körperarbeit öffnet sich ein inneres Zuhause für den Atem. In sanften Sequenzen folgen wir seinem natürlichen Fluss, um die feinen Qualitäten des Geatmet-Werdens achtsam zu erspüren.

Sie vertiefen den Atem und erweitern das Atemvolumen. Die Lunge entfaltet sich, die Sauerstoffaufnahme wird gesteigert, und eine regenerierende Wirkung darf sich entfalten.

8. Teil: prāṇāyāma (Atemtechniken)

Mit einer tieferen und feineren Atmung entsteht eine nährende Verbindung zwischen Körper und innerem Selbst, getragen von Präsenz und Hingabe.

Ein reicher Schatz an Atemtechniken steht hier zur Verfügung: mal einfach und sanft, mal differenziert und anspruchsvoll. Stets abgestimmt auf die Bedürfnisse des Augenblicks und eine wunderbare Ergänzung zur kraftvollen und anspruchsvollen Körperarbeit.

Die Atmung wird in verschiedene Regionen des Körpers gelenkt, und mit jedem Einatmen und Ausatmen darf sich die Fülle und Freude des Lebens neu zeigen.

9. Teil: nispanda (Entspannung)

Nach der Praxis öffnet sich ein Raum der Stille. Eine nährende und regenerierende Auszeit, in der Körper, Geist und Seele zur Ruhe kommen dürfen.

Wertvolle Momente des Nachspürens und Loslassens entfalten sich, während die Übungen in der Tiefe nachwirken und eine ganzheitliche Erholung auf allen Ebenen entsteht.

10. Teil: dhāraṇā (Kontemplation)

Im Kontakt mit uns selbst richtet sich die Aufmerksamkeit des Geistes auf einen inneren Aspekt: ein Bild, ein Gedanke, der Atem oder ein Thema der Stunde. Ziel ist es, den Geist zu bündeln und das Loslassen der Gedanken zu erleichtern.

So kann der Geist wach und klar werden, während der Körper entspannt und gelassen verweilt.

11. Teil: dhyāna (Versenkung)

Mit der Zeit der bewussten Konzentration kann sich der Geist vom gewählten Fokus lösen. Die Wahrnehmung weitet sich, und aus der Tiefe entsteht ein ruhiger, klarer Zustand – eine zeitlose und stille Präsenz entfaltet sich.

Im achtsamen Beobachten zeigt sich das innere Selbst, verbunden mit der eigenen Essenz.

12. Teil: mantra (Klang)

Zum Abschluss unseres gemeinsamen Übens vokalisieren wir ein Mantra. Der Ausklang der Stunde rundet die Praxis ab und lädt uns dazu ein, die zentrale Impulse aufzugreifen und in unser Alltagshandeln zu integrieren.

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